Wieder einmal haben wir nette Post aus der Nachbarschaft erhalten, danke dafür! Wir freuen uns, dass wir die Erfahrungen, die diese Brückerin gemacht hat, hier mit Euch teilen können:
Als wohlbehütetes Nachkriegskind komme ich in Kontakt mit Menschen, die vor kurzer Zeit noch direkt konfrontiert waren mit Krieg, Angst, Elend, Willkür, Folter, Hunger, Not und Tod.
Wie soll das gehen? Bevor es soweit ist, mache ich mir Gedanken: Kann ich diese Leute einfach fragen: „Wie geht es Dir? How are you?“ Diese Frage ist anderswo eine reine Floskel und wird oft beantwortet mit einem stereotypen „Gut, danke“ oder „Great, and you?“. Doch was löst diese einfache Frage aus bei jemandem, der unter Lebensgefahr die Reise hierher überstanden, Familienangehörige verloren oder gerade erfahren hat, dass zu Hause wieder Bomben geworfen worden sind? Der gerade auf seinem Smartphone Fotos aus seiner „Heimat“ von schrecklich zugerichteten Kinderleichen empfangen hat?
Das ist schwer, denke ich, und fahre mit einer Mischung aus Beklommenheit und Neugier ins Brücker Sporthotel. Dort will ich alles erst einmal auf mich zukommen lassen, einfach nur da sein und damit zeigen: Ihr seid uns nicht gleichgültig. Im Hotel angekommen, blicke ich in viele Augen voller Neugier, Offenheit, aber auch Qual, schlimmer Erinnerungen und Unsicherheit. So viele Menschen mit all ihren Hoffnungen, Sehnsüchten, Träumen und Wünschen – manche Geschichten, die ich höre, machen mich sprachlos.
Ich frage hier und dort nach dem Ursprungsland, bin rasch in Gesprächen und spüre: Zuhören, Zuwendung und Zeit, die wir den Neuankömmlingen widmen, sind wichtig. Gleichzeitig läuft die mindestens genauso wichtige praktische Hilfe, die in Brück bestens organisiert ist. Sprachkurse, Fahrräder, Einkäufe, Arztbesuche, Behördenangelegenheiten – all diese Dinge des Alltags müssen bewältigt werden und sind den meisten Flüchtlingen so unendlich fremd. Die meisten verstehen zum Beispiel die langen Bearbeitungszeiten ihrer Anträge nicht. Wie gut, dass sie hilfsbereite Begleiter auf ihren neuen, unbekannten Wegen haben …
Inzwischen bin ich mehrfach in Brück gewesen, habe Menschen verschiedenster Länder getroffen, mit ihnen gesungen und gelacht, bin mit einem von ihnen zum Einkaufen gefahren. Ich habe Fotos seiner Familie gesehen, die er so sehr vermisst, für ihn gekocht, mit ihm diskutiert und ihn zum Deutschlernen angespornt. Er lacht so gern, und ich freue mich, wenn ich ihm Gelegenheit dazu bieten kann.
Viele Einheimische zweifeln noch, haben Angst, sind von Vorurteilen beherrscht oder überlegen, was sie tun sollen. Sie mögen bedenken: Menschen, die ihr Leben aufs Spiel setzen, um hierherzukommen, können uns nicht gleichgültig sein und brauchen unsere Hilfe. Wir können die Flüchtlingsnot einfach nur schrecklich finden, wir können aber auch mithelfen, damit es diesen Menschen besser geht. Es sind Menschen!
Gehen wir offen auf sie zu und zeigen ihnen, dass auch wir welche sind.
U.F.
Vielen lieben Dank für diesen Bericht! Sehr schön!